BSE
- oder wie man die halbe Welt verrückt macht...
Dezember
2000
Wie
mixt sich ein Cocktail, der einem ganzen Kontinent den Verstand raubt?
Es beginnt mit ein paar verrückten Schafen. Verrückte Schafe kennt
man seit Hunderten von Jahren. Scrapie nannte man ihre Krankheit. Nur
Schafe bekamen sie - und der Schäfer und sein Hund bekamen sie nie!
In
Guinea, wo einst die Wilden ihre Verwandten zum Fressen gern hatten und
auch den Feind verspeisten, pflegte man nach einer Inkubationszeit von bis zu 20 Jahren am sogenannten Kuru dahin
zu siechen. Vornehmlich die Frauen starben, weil sie auf der Speisekarte
das Gehirn
bevorzugten (eine der Möglichkeiten, etwas Gehirn unter die Schädeldecke zu
kriegen).
Ein Arzt namens Creutzfeldt Jakob beschrieb 1921 im
europäischen Raum erstmals eine Krankheit, die schon nach rund 3
Jahren ausbricht und der Scrapie und dem Kuru ähnlich ist - und von dieser
Krankheit fanden sich bald mehrere verschiedene Verlaufsformen,
auftretend mit einem
Altersgipfel von 35 bis 60 Jahren. Erst 1975 wurde diese Krankheit
als eine durch Prionen (Slow Viren) ausgelöste bezeichnet. In den gleichen Bereich gehören auch
Alzheimer und einige andere Slow Virus Erkrankungen. Alle diese
Krankheiten sind sehr selten. Von einer Million Menschen bekommen sie 1
bis maximal 2 Leute. Eine Art von Scrapie kannte man auch aus der Nerztierzucht.
Bei Katzen und Elchen existiert ebenfalls eine Krankheit
dieser Art. Und nun trat ein ähnliches Krankheitsbild auch beim Rind auf, vor rund
15 Jahren und zwar zuerst in England...
Seitdem sind in England rund 80 Menschen an Creutzfeldt-Jakob erkrankt.
Das liegt allerdings, ausgehend von den 50 Millionen Einwohnern Englands
sogar unter der normalen Quote, die jährlich bis zu 100 Personen
erwarten ließe! Auch in Österreich liegt das Auftreten der Krankheit
weit unter der statistischen Quote. Gebe es die kranken Rinder in
England nicht, würde niemand auf die Idee verfallen, die Anzahl der Creutzfeldt Jakob
Erkrankungen hätte zugenommen. Und schon gar nicht könnte man die halbe
Welt damit verrückt machen...
Also ist der Cocktail noch nicht fertig. Um die nötige Panik-Effizienz
zu erzeugen, durchmischt man zuerst die Symptome. Da ja die Creutzfeldt
Jakob Krankheit schon nach rund 3 Jahren ausbricht, erklärt man die
geringe Häufung der neuen CJ-Variante mit der hohen Inkubationszeit von
bis zu 40 Jahren. Woher weiß man das? Von nirgendwoher. Man konstruiert
eine
Beziehung zwischen Rinderwahnsinn und Creutzfeldt Jakob mit der
Behauptung, dass die Prionen (die "Erreger") der BSE und der
CJK einander ähnlich seien. Ähnlich - und keinesfalls gleich! Wieso
sind sie eigentlich nicht gleich, wenn sie durch das Rindfleisch in den
menschlichen Körper gelangen? Das weiß kein Mensch. Tatsächlich
unterscheiden sich die Rinder-Prionen und die Menschen-Prionen in 33
Aminosäurensequenzen, wogegen nur die Schafs- und Rinder-Prionen geringe
Unterschiede aufweisen! Man hebt deshalb besonders die
Tatsache hervor, dass in untypischer Weise plötzlich auch junge Menschen von
der CJK befallen werden, verschweigt aber diskret, dass unter diesen
Leuten auch Vegetarier waren, die das Rindfleisch mieden wie Luzifer das
Weihwasser! Aber da könnte man noch immer die eventuell versteckte
Gelatine im Obstkuchen beschuldigen...
Abgesehen davon, dass man nicht weiß, ob diese Prionen die Ursache oder
ein Produkt der Krankheit sind, wäre zu diesen sogenannten entarteten
Eiweißkörpern noch folgendes zu sagen: Als 1997 der Forscher Stanley
B. Prusiner für seine Prionen-Theorie den Nobelpreis erhielt, gab es
unter den Nobelpreisträgern und Wissenschafts-Kollegen große Aufregung
und Protest. Erstmals hatte jemand den Nobelpreis für eine Theorie
erhalten, die in keiner Weise bewiesen war. Auch bis zum heutigen Tage
ist die Hypothese, dass entartete Prion-Proteine die CJK auslösen,
unbewiesen geblieben. Manche Forscher, zum Beispiel Professor Heino
Diringer vom Robert Koch Institut in Berlin, suchen deshalb immer noch
nach einem besonders kleinen Virus! Prusiner erhielt 1995 übrigens noch den
Paul-Ehrlich-Preis und den Zülch-Preis der Max-Planck-Gesellschaft -
wohlgemerkt für eine absolut unbewiesene Hypothese! Das ist in der
Geschichte der Wissenschaft einzigartig!
Nun kommt es bei diesem Rinderwahnsinns-Cocktail nicht nur darauf an,
welche Zutaten nach entsprechender Verzerrung und Verdrehung hinein
getan werden, sondern vor allem ist es für Panikzüchter, die sich
scheinbar aus Tierschützern und fanatischen Vegetariern zusammensetzen,
wichtig, welche Zutaten nicht hinzugefügt werden in Form jener Tatsachen,
die darauf hindeuten, dass die CJK keinesfalls vom Rind auf den Menschen
übertragen werden kann.
So ist in den Ostblockländern, in denen nach wie vor Tiermehl
verfüttert wird, wie Polen, oder lange Zeit verfüttert und erst
seit einigen Jahren verboten wurde wie Tschechien, Ungarn oder
Slowenien, bislang kein BSE aufgetreten und auch kein auffälliger
CJK-Fall bekannt! In Australien - ursprünglich Geburtsland der
Schafs-Scrapie - gibt es keinen einzigen Fall von Scrapie mehr - und
auch keinen einzigen BSE Fall - aber genauso viele CJK-Erkrankungen wie
in England! |
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Was
soll man davon halten? Ist der Rinder-Wahnsinn offenbar nicht nur auf
Rinder beschränkt? Verdienen sich jetzt Soja-Produzenten goldene Nasen?
Und die Supermärkte dazu - denn wer glaubt, dass in diesen das Fleisch
billiger werden wird, obwohl die Bauern draufzahlen, der irrt
gewaltig! Also - der Cocktail wird schon noch eine Zeit lang
seinen Zweck erfüllen. Bis zur nächsten wissenschaftlichen Erkenntnis.
Und sicher wird auch der Rinderwahnsinn, der Europa befallen hat, seine
Grenzen finden. Aber eines muss auch gesagt sein: Wer einmal sieht, aus
welchen Kadavern in der TKV dieses ominöse Tiermehl erzeugt wird und
dort seine Nase hinein hält, dem wird der Gusto auf
tiermehlgefüttertes Steak gründlich und für immer vergehen!
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