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Wie funktionieren Atomuhren?

 

  • Funktionsschema
  • Caesium-Uhren mit thermischem Atomstrahl
  • Die Rubidium-Uhr der GPS-Satelliten
  • Caesiumuhr CS1, CS2 - CS4 ... usw.
  • Fontänen-Atomuhr CSF1 ... usw.

Funktionsschema:

In Atomuhren nutzt man die Eigenschaft von Atomen aus, beim Übergang zwischen zwei Energieniveaus elektromagnetische Wellen mit einer charakteristischen Schwingungsfrequenz f0 abstrahlen oder absorbieren zu können. Dazu gut geeignete Atome sind z. B. die Alkalien mit ihrer Hyperfein-strukturaufspaltung des Grundzustandes. Die folgende Abbildung verdeutlicht das Funktionsschema einer sogenannten passiven Atomuhr:

BildAusgehend von einem Quarzoszillator VCXO (Voltage-Controlled Xtal Oscillator) wird mittels eines Frequenzgenerators ein elektromagnetisches Wechselfeld der Frequenz fp (mit fp ~ f0) in die Resonanzapparatur eingekoppelt. Dort werden die Atome dem Wechselfeld ausgesetzt und dadurch der Übergang zwischen den betrachteten Energieniveaus angeregt. Für dessen Beobachtung ist es notwendig, die Mehrzahl der Atome zunächst in einen der beiden Zustände zu bringen. Dann kann man aus der Änderung der Besetzungszahlen der Energieniveaus nach der Wechselwirkung die Übergangswahrscheinlichkeit ermitteln. Diese ist maximal, wenn fp mit f0 übereinstimmt. Man registriert eine resonanzartige Reaktion der Atome, die in ein Nachweissignal ID mit einer spektralen "Linienbreite" W umgesetzt wird. Es ist W ~ 1/T, wobei T die Wechselwirkungszeit der Atome mit dem Bestrahlungsfeld ist.

Das Signal ID enthält also die gesuchte Information, ob die Frequenz fp mit der Übergangsfrequenz der Atome f0 übereinstimmt. ID wird so weiterverarbeitet, dass daraus ein Regelsignal UR zur Regelung des VCXO abgeleitet wird. Dessen natürliche Frequenzschwankungen werden so entsprechend der eingestellten Regelzeitkonstanten unterdrückt, und die Stabilität der atomaren Resonanz bestimmt die Qualität des Ausgangssignals. Vom VCXO wird eine Normalfrequenz fn (üblicherweise 5 MHz) abgegeben, die entsprechend der Anwendung weiterverarbeitet wird.

Erzeugt man beispielsweise nach jeweils 5 Millionen Perioden von fn einen kurzen elektrischen Impuls, so haben aufeinander folgende Impulse den zeitlichen Abstand von einer Sekunde. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass die Umsetzung von fn nach fp mit dem korrekten Multiplikationsfaktor k geschieht. In der Caesiumatomuhr muss also k·5 MHz = 9192,631770 MHz gelten, in der Rubidiumatomuhr k·5 MHz = 6384,6826128 MHz.

Caesium-Uhren mit thermischem Atomstrahl

Die Caesiumuhr hat eine herausragende Bedeutung, da mit ihr die Zeiteinheit realisiert wird. Sie funktioniert nach obigem Prinzip: Ein Cs-Atomstrahl (atomic beam) tritt aus der Düse eines Ofens (casesium source) aus, der Strahl passiert einen ersten Magneten, genannt Polarisator, der nur Atome im Energiezustand E2 in die gewünschte Richtung ablenkt, so dass ein zustandsselektierter Atomstrahl in den Mikrowellenresonator eintritt. In den beiden Endpartien des Resonators werden die Atome mit dem Mikrowellenfeld bestrahlt, und im Resonanzfall gehen die Atome in den Zustand E1 über. Der Analysatormagnet lenkt nun gerade diese Atome auf einen geheizten Draht (hot wire). Dort werden Cs-Atome zu Cs+-Ionen, die durch ein magnetisches Massenfilter auf die erste Dynode eines Sekundärelektronenvervielfachers (SEV) gelenkt werden. 

Caesiums hat den Vorzug, dass es in der Natur nur ein einziges stabiles Caesium-Isotop gibt. Weiterhin ist der Dampfdruck schon bei einer Temperatur von etwa 100 °C des Ofens groß genug, um einen intensiven Atomstrahl zu erzeugen.

Seit Ende der 1950er Jahre werden jährlich weltweit etwa 100 bis 200 Caesiumuhren produziert. Alle funktionieren nach dem obigen Prinzip, Unterschiede in Details führen zu etwas verschiedenen Eigen-schaften. Gegen störende elektrische Felde wird ein Magnetfeld (magnetic field) eingesetzt, Magnetfelder selbst sind kaum, Gravitationsfelder gar nicht abschirmbar. Dennoch realisieren die besten Caesiumuhren die SI-Sekunde mit einer Unsicherheit von wenigen 10-13 s. Sie können aufgrund des hohen Gewichts, des hohen Energieverbrauchs und der großen Strahllänge (bis 6 m!) in Satelliten nicht eingesetzt werden.

Die Rubidium-Uhr (z.B. eingesetzt in den GPS-Satelliten)

Im Rubidiumdampf-Frequenznormal (Rubidiumuhr) wird der Übergang zwischen den Hyperfeinstrukturniveaus des Isotops 87Rb bei einer Frequenz von f0 = 6384 MHz verwendet. Das Prinzip zeigt folgende Abbildung:

Die Besetzung des gewünschten Zustands und der Nachweis des Übergangs erfolgt mit einem optischen Verfahren. Licht aus einer 87Rb-Lampe wird zunächst durch eine Filterzelle, die 85Rb-Dampf enthält, geschickt. Anschließend regt es 87Rb-Atome in einer mit Puffergas gefüllten Absorptionszelle an, die sich in einem Mikrowellenresonator befindet. Das Puffergas, eine Mischung leichter Edelgase, verlängert die Wech-selwirkungszeit T der Atome mit der Mikrowellenbestrahlung, indem es die Stoßrate der Atome mit der Wand der Zelle reduziert. Die spektrale Zusammensetzung des gefilterten Lichtes macht es möglich, durch sog. optisches Pumpen selektiv das untere Hyperfeinstrukturniveau der 87Rb-Atome zu entvölkern, sodass diese Atome nach einiger Zeit Aufenthalt in der Zelle kein (Pump)-Licht mehr absorbieren können. Sobald Mikro-wellenstrahlung der Frequenz fp ~ f0 auf die Atome einwirkt, wird das untere Niveau wieder besetzt, und man beobachtet Absorption. Im Resonanzfall wird im Signal ID des Photodetektors ein Minimum beobachtet. Die Linienbreite W des Resonanzsignals liegt typischerweise im Bereich von 500 Hz.

Rubidiumuhren können in kompakten Abmessungen und zu günstigem Preis hergestellt werden. Beträchtliche Stückzahlen finden in den Bereichen Telekommunikation, Energieversorgung (Überwachung des Zustands der Energieverteilungsnetze) und für Kalibrierungen in der Industrie Anwendung. Ein sehr hoch entwickeltes Modell arbeitet in der neuesten Generation der Satelliten des GPS-Navigationssystems.

Das Funktionsprinzip einer Rubidiumuhr weist einige gravierende Schwächen auf. So treten Abweichungen zwischen der im Betrieb beobachteten Resonanzfrequenz und dem Wert von f0 ungestörter 87Rb-Atome von relativ etwa 10-9 auf. Diese werden hauptsächlich durch das Magnetfeld in der Zelle, durch Stöße der Rb-Atome mit dem Puffergas und durch ihre gleichzeitige Wechselwirkung mit Licht und Mikrowellenfeld verursacht. Weiterhin verändern Temperatureinfluss oder Alterung das Spektrum und die Intensität der Strahlung der Lampe, sowie die Zusammensetzung des Gases sowohl in der Filterzelle als auch in der Absorptionszelle. Dies begrenzt die erreichbare langzeitige Frequenzstabilität und verhindert, dass Rubidiumuhren ohne Kalibrierung für die Realisierung der Zeiteinheit verwendet werden können. Gegen Magnetfelder schlecht und gegen Gravitationsfelder gar nicht geschirmt, unterliegt auch diese Uhr vielen physikalisch störenden, nicht vermeidbaren Einflüssen. Nicht zuletzt aus diesen Gründen müssen die Satellitenuhren des GPS von den Bodenstationen aus kalibriert, bzw. ständig kontrolliert und nachgestellt werden. Zum Nachweis der Einsteinschen Relativitätstheorien eignen sie sich deshalb nicht. Siehe dazu den Aufsatz: Relativistische Korrekturen für GPS und ihre Sinnlosigkeit!

Caesiumuhren CS1, CS2 ... CS4 ...

Mit dem Ziel, eine besonders hohe Genauigkeit über lange Betriebszeiten zu erreichen, wurden an der PTB die Atomuhrengeneration CS1... CS4 ... entwickelt und aufgebaut. Derzeit besitzt die PTB 6 industriell gefertigte Caesiumuhren.

Die neu entwickelten Caesiumuhren brachten einige Vorteile mit. Das für die Aufspaltung der Terme erforderliche schwache Magnetfeld legte man in die Flugrichtung der Atome. Die eingesetzten Magneten waren viel kleiner als die vorher verwendeten Zweipolmagneten und hatten ein viel schwächeres magnetisches Streufeld. So konnte man mit einem rotationssymmetrischen Strahl kleinen Durchmessers (3 mm) arbeiten. Dadurch verringern sich die Fehler, die durch nicht phasensynchrone Hochfrequenzfelder für die Bestrahlung der Atome bedingt sind. CS1 wurde 1969 in Betrieb genommen. Bis 1974 dauerte die Erprobung. Seit 1975 arbeitet CS1 im Dauerbetrieb. Die Unsicherheit des Normals beträgt weniger als 1 Sekunde auf 1 Million Jahre. Die Internationale Atomzeitskala (TAI)1, die Koordinierte Weltzeit (UTC) und die Gesetzliche Zeit in Deutschland richten sich weitgehend nach CS1. Die Apparatur wiegt etwa 20 kg, Strahllänge 1,4 m. Ihre Anwendung in Satelliten ist eher nicht möglich. Allerdings sind mittlerweile Caesium-Uhren so klein und kompakt geworden, dass sie in neuen Satelliten bereits zum Einsatz kommen.

Nach den Generationen CS2 .. CS4 ... wurden die bislang genauesten Atomuhren, die Fontänen-Atomuhren CSF1 CSF 2 ... (usw) konstruiert.

Fontänen-Atomuhr CSF1

Der Phasenvergleich zwischen atomarer Schwingung und Generatorfeld ist um so genauer, je mehr Zeit zwischen den beiden Mikrowellenanregungen vergeht. Das Ziel war daher, die Flugzeit gegenüber der mit einem thermischen Atomstrahl erreichbaren zu verlängern. Hierzu baute man eine "Caesium-Fontäne" auf, in der die langsamen Atome aus einer senkrecht orientierten thermischen Quelle unter der Wirkung der Schwerkraft umkehren sollten. So konnte man ihre Zustandsänderung nachweisen, nachdem sie sowohl beim Steigen als auch beim anschließenden Fallen dasselbe Mikrowellenfeld durchflogen hatten. Durch Laserkühlung sammelt man in Bruchteilen einer Sekunde etwa 107 kalte Caesiumatome in einer Wolke auf, deren Relativgeschwindigkeiten im Bereich von einigen cm/s liegen. Die Atome sind sozusagen "eingefroren" und man erhält eine Quelle kalter Atome. Werden die Laser, die die vertikale Bewegung der Atome beeinflussen, auf definierte Weise kurzzeitig gegeneinander verstimmt, so kann den gekühlten Atomen ein gezielter "Schubs" aufwärts gegeben werden: Sie fliegen mit einigen m/s nach oben, steigen solange auf, bis die Schwerkraft ihre Bewegungsenergie aufgezehrt hat, und fallen auf dem gleichen Weg wieder zurück.

Ähnlich wie in einer konventionellen Atomuhr wird der Energiezustand der Atome manipuliert und gemessen. Die Atome werden zu Beginn in einem einzigen Energiezustand präpariert und sie durchfliegen während ihrer Auf- und Abwärtsbewegung ein Mikrowellenfeld. Die Zeit der Wechselwirkung ist jedoch bedeutend länger als in konventionellen Atomuhren: Wie ein Stein, den man einen Meter hochwirft, benötigen auch die Caesiumatome knapp eine Sekunde, bis sie zum Ursprung zurückkehren. Auf diese Weise wird die Wechselwirkungszeit T verlängert und die Linienbreite des gemessenen Resonanzsignals entsprechend verringert.
In einer magnetooptischen Falle werden ca. 107 Cs-Atome aufgesammelt und durch Laserkühlung und sogenannte "optische Melasse" auf eine Geschwindigkeit von einigen cm/s abgebremst. Durch geeignet eingestrahlte Laserfelder wird die Wolke kalter Cs-Atome auf eine Höhe von fast 1 m geworfen. Die Wechselwirkungszeit entspricht der Flugzeit zwischen den beiden Passagen durch den Mikrowellen-Resonator (microwave cavity) und liegt im Bereich von 0,5 s. Am Ende eines Messzyklus wird mit einem optischen Nachweisverfahren (detector) der Energiezustand der Cs-Atome nach der Mikrowellen-Anregung bestimmt.
Bei diesen "atomaren Fontänen" setzt die Schwerkraft der Meßauflösung Grenzen. Schon für eine Meßdauer von einer Sekunde ist eine riesige Versuchsanordnung notwendig. Man versucht daher, kleinere Apparate für den Einsatz in Satelliten und Raumstationen zu entwickeln (Pharao = Projet d'horloge atomique par refroi­dissement d'atomes en orbite).
Die Abweichung dieser Fontänen-Atomuhren beträgt im besten Fall eine Sekunde in 33 Millionen Jahren, das entspricht pro Tag einigen Millionstel des milliardsten Teiles einer Sekunde. Allerdings sind diese Uhren schon von ihrer Funktion her abhängig von der Schwerkraft. Ihr (geplanter) Einsatz zur Überprüfung der Einsteinschen Relativitätstheorien ist daher nicht ganz unproblematisch (siehe Aufsatz zum GPS).

 
Video:Funktion der Fontänen-Atomuhr

Linkes Bild: NIST-F1 Cesium Fountain Atomic Clock, Colorado

1 Das Institut "Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) in Paris berechnet die offizielle Uhrzeit mit Hilfe von GPS-Navigationssatelliten und per Messung der Erddrehung an Hand von Laserreflektoren auf dem Mond. Zur Ermittlung der Atomzeit dienen Frequenzgeneratoren als "Uhren". Die Signale dieser Uhren werden zur Erkennung eventueller Störungen ständig miteinander verglichen. Über das GPS-System wird permanent der Mittelwert von etwa 200 Atomuhren in 60 Ländern berechnet. Diese "Internationale Atomzeit" (TAI) muß allerdings noch leicht korrigiert werden, da die Drehung der Erde geringfügige Unregelmäßigkeiten aufweist. Mit der Einführung der Atomuhr 1967 wurde auch ein neuer Zeitstandard vereinbart. Bisher hatte man die Zeit anhand der Position der Sonne im Zenit, der Drehung der Erde sowie ihres Umlaufes um die Sonne berechnet. Damit galt die Sekunde als ein bestimmter Bruchteil der Erddrehung, nämlich ihr 31.556.925,974ster Teil. Mit dem neuen Standard wurde die Sekunde als das Zeitintervall definiert, das 9.192.631.700 elektromagnetischer Schwingungen des Cäsium-133-Isotopes entspricht. Diese schwingenden Atome stellen eine Art natürlicher Uhr von extremer Präzision dar. Ein Atomtag ist daher die Summe von 86.400 Atomsekunden.

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